Author: Maret Nieländer

Historische Schulbücher mit digitalen Werkzeugen untersuchen – das Stichwort „Leistung“ im „GEI-Digital-2020“ Korpus

Friedrich Schleiermacher riet in seinem einflussreichen Werk Hermeneutik und Kritik dazu, einen zu untersuchenden Textabschnitt möglichst im Kontext des ganzen Werkes, der Sprache und des Lebens des Verfassers, und letztlich im Kontext von „Sprachschatz“ und Geschichte des Zeitalters zu betrachten . Durch die massenhafte Digitalisierung von Quellen und den Einsatz digital gestützter Analyseverfahren scheint dieses Ideal heute greifbarer denn je. Der vorliegende Beitrag stellt mit dem 5036 historische Schulbücher umfassenden Korpus „GEI-Digital-2020“ des Leibniz-Instituts für Bildungsmedien | Georg-Eckert-Institut (GEI) eine für die Bildungsgeschichte relevante digitale Ressource vor und demonstriert, wie sich diese Texte in der Korpusmanagement-Umgebung D* mit den darin verfügbaren Werkzeugen webbasiert durch- und untersuchen lassen. Als interaktiv nachvollziehbare Beispiele dienen dabei Recherchen zum Begriff „Leistung“ in den Schulbüchern. Das Korpus – Entstehung und Besonderheiten Wie der Name schon andeutet, wurde das „GEI-Digital-2020“ Korpus im Jahr 2020 aus den damals im Projekt „GEI-Digital“ im Volltext verfügbaren Werken erstellt. In GEI-Digital werden laufend historische Schulbuchbestände mit automatisch generierten Volltexten und umfangreichen schulbuchspezifischen Metadaten etwa zu Schulform und Bildungsstufe erschlossen, wobei letztere bislang hauptsächlich über den …

Abbruch oder Aufbruch

Begann die Deutsche Einheit im Hochschulwesen mit einem Wort- und Rechtsbruch?[1] Die Abwicklungen zur Jahreswende 1990/91, die einen Sturm des Protests auslösten, markieren eine der zentralen Zäsuren im Hochschulumbau Ost. Auch über den eigentlichen Strukturumbau hinaus wird bis heute in hitzigen Kontroversen um die Deutungshoheit gerungen (vgl. ). Mit Ablauf der 30-Jahresfrist gibt der Quellenzugang Aufschluss über den Entscheidungsprozess, die zentralen Akteurskonstellationen und mögliche Alternativvorstellungen. Eine Historisierung der Ereignisse und integrierte Einbettung in breitere Zusammenhänge ist damit möglich.[2] In der Rückschau beklagte Günther Krause, ehemaliger Verhandlungsführer der DDR-Delegation im Einigungsprozess, die Bestimmungen des Einigungsvertrages (EV) seien nach der Wiedervereinigung vielfach gar nicht umgesetzt worden . Inwiefern das auch für den Hochschulsektor zutrifft, ist seit jeher umstritten. Denn einerseits war nach dem Umbruch 1989/90 die Umgestaltung der ostdeutschen Wissenschaftslandschaft nach westdeutschem Vorbild das erklärte Ziel. Andererseits bestanden über den Weg zur personellen und strukturellen Hochschulerneuerung unterschiedliche Vorstellungen. Nach Artikel 38 EV sollte eine strukturelle Umgestaltung der Hochschullandschaft erst im Anschluss an eine Begutachtung durch den Wissenschaftsrat erfolgen, die bis spätestens Ende 1991 abzuschließen wäre. Ein Sonderkündigungsrecht …