Abbruch oder Aufbruch
Begann die Deutsche Einheit im Hochschulwesen mit einem Wort- und Rechtsbruch?[1] Die Abwicklungen zur Jahreswende 1990/91, die einen Sturm des Protests auslösten, markieren eine der zentralen Zäsuren im Hochschulumbau Ost. Auch über den eigentlichen Strukturumbau hinaus wird bis heute in hitzigen Kontroversen um die Deutungshoheit gerungen (vgl. ). Mit Ablauf der 30-Jahresfrist gibt der Quellenzugang Aufschluss über den Entscheidungsprozess, die zentralen Akteurskonstellationen und mögliche Alternativvorstellungen. Eine Historisierung der Ereignisse und integrierte Einbettung in breitere Zusammenhänge ist damit möglich.[2] In der Rückschau beklagte Günther Krause, ehemaliger Verhandlungsführer der DDR-Delegation im Einigungsprozess, die Bestimmungen des Einigungsvertrages (EV) seien nach der Wiedervereinigung vielfach gar nicht umgesetzt worden . Inwiefern das auch für den Hochschulsektor zutrifft, ist seit jeher umstritten. Denn einerseits war nach dem Umbruch 1989/90 die Umgestaltung der ostdeutschen Wissenschaftslandschaft nach westdeutschem Vorbild das erklärte Ziel. Andererseits bestanden über den Weg zur personellen und strukturellen Hochschulerneuerung unterschiedliche Vorstellungen. Nach Artikel 38 EV sollte eine strukturelle Umgestaltung der Hochschullandschaft erst im Anschluss an eine Begutachtung durch den Wissenschaftsrat erfolgen, die bis spätestens Ende 1991 abzuschließen wäre. Ein Sonderkündigungsrecht …